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Wach­s­tum mit Ver­ant­wor­tung: Wirkungs­man­age­ment für Impact-Star­tups

Hier bist du richtig, wenn … 

  • du ein Impact-Start­up gegrün­det hast.  
  • eure Ziel­gruppe, das Prob­lem und der Impact eur­er Lösung klar definiert sind.   
  • euer MVP getestet und vali­diert ist.  
  • das Impact- und Mark­t­po­ten­tial sowie das Finanzierungsmod­ell ste­hen.   
  • die benötigten Ressourcen bere­it­ste­hen.  

Dieses Kapi­tel hil­ft dabei, … 

  • den Impact eures Geschäftsmod­ells nach­haltig zu sich­ern.  
  • eure Indika­toren für den Impact auf Stufe 7 der Wirkungstreppe zu entwick­eln.  
  • neg­a­tive Auswirkun­gen und Risiken frühzeit­ig zu erken­nen und gegen­zus­teuern.

Impact-Indika­toren auf Stufe 7 der Wirkungstreppe entwick­eln 

Bis Stufe 6 seid ihr schon in den vorheri­gen Kapiteln gekom­men – nun geht es daran, die let­zte Stufe der Wirkungstreppe mess­bar zu machen: den Impact eures Star­tups. Diese Ebene ist am schw­er­sten zu erre­ichen. Umso wichtiger ist es, euch damit aus­führlich zu beschäfti­gen. So startet ihr mit der Entwick­lung eur­er Indika­toren:  

1. Sam­melt Ideen für Indika­toren 

Führt zunächst ein Brain­storm­ing zu Indika­toren durch, die den gesellschaftlichen Ein­fluss eures Geschäftsmod­ells abbilden kön­nten. Zum Beispiel:  

  • Mess­bar­er Beitrag zu den UN-Nach­haltigkeit­szie­len (SDGs)  
  • Verän­derung rel­e­van­ter gesellschaftlich­er Kenn­zahlen (z. B. Reduk­tion der CO₂-Emis­sio­nen in ein­er Ziel­re­gion) 
  • Langfristige Verbesserung von Leben­squal­itätsin­dizen 
  • Nach­weis­bare Verän­derun­gen in Geset­zen oder poli­tis­chen Sys­te­men  

Tipp 

Nutzt Daten­banken wie die UN-SDG-Indika­toren als Inspi­ra­tion. 

2. Struk­turi­ert eure Indika­toren 

Eine klare Struk­tur sorgt dafür, dass ihr eure Indika­toren später gezielt ein­set­zen und leichter messen kön­nt. Ord­net eure Ideen in sin­nvolle Kat­e­gorien ein. Achtet dabei darauf, dass eure Liste eine gute Mis­chung aus quan­ti­ta­tiv­en (mess­bare Dat­en) und qual­i­ta­tiv­en (sub­jek­ti­vere Infor­ma­tio­nen) Indika­toren enthält. Prüft, wie die ver­schiede­nen Indika­toren miteinan­der in Beziehung ste­hen. Oft bauen qual­i­ta­tive Erken­nt­nisse auf quan­ti­ta­tiv­en Dat­en auf – zum Beispiel kön­nen Umfrageergeb­nisse helfen, die Wirkung eines Pro­gramms auf die Leben­squal­ität zu inter­pretieren. 

3. For­muliert S.M.AR.T. 

Die Indika­toren soll­ten nach dem S.M.A.R.T.-Prinzip for­muliert sein:  

  • Spez­i­fisch: klar definiert und ein­deutig   
  • Mess­bar: Quan­tifizier­bar   
  • Attrak­tiv: rel­e­vant für Ihr Ziel   
  • Real­is­tisch: mit ver­füg­baren Ressourcen erre­ich­bar   
  • Terminiert: zeitlich begren­zt   

4. Pri­or­isiert eure Indika­toren 

Nicht alle Indika­toren sind gle­ich wichtig, und zu viele kön­nen die Mes­sung erschw­eren. Über­legt, welche Indika­toren die stärk­ste Aus­sagekraft für euren Impact haben und welche sich real­is­tisch messen lassen. Stellt euch fol­gende Fra­gen:  

  • Welche Indika­toren passen am besten zu euren Impact-Zie­len? 
  • Welche Dat­en kön­nt ihr mit den vorhan­de­nen Ressourcen erheben? 
  • Welche Indika­toren sind für eure Stake­hold­er oder Investor*innen beson­ders rel­e­vant? 

Neg­a­tive Auswirkun­gen eur­er Lösung iden­ti­fizieren und proak­tiv gegen­s­teuern 

Neben der Mes­sung eures pos­i­tiv­en Impacts ist es wichtig, poten­zielle neg­a­tive Wirkun­gen eures Geschäftsmod­ells zu erken­nen. Dieser 7‑Schritte-Plan hil­ft bei der Risiko­analyse:  

1. Definiert den Sys­te­mum­fang 

Gren­zt den Bere­ich ein, den ihr unter­suchen wollt, um eine klare Fokussierung zu gewährleis­ten. Es ist wichtig, das spez­i­fis­che Prob­lem zu analysieren, das ihr lösen wollt, ohne euch dabei in zu vie­len Details zu ver­lieren. So ver­mei­det ihr Über­forderung und kön­nt eure Ressourcen effek­tiv ein­set­zen. Im Kapi­tel “Problem‑, Ziel­grup­pen- und Stake­hold­er­analyse: Der erste Schritt zum Impact-Start­up” find­et ihr dazu eine detail­lierte Beschrei­bung.

2. Iden­ti­fiziert alle rel­e­van­ten Akteure 

Macht eine Liste, die alle wohlmeinen­den, aber auch die möglicher­weise ablehnen­den Akteure enthält. Dazu gehören nicht nur Kund*innen und Nutzer*innen, son­dern auch Partner*innen, Entscheidungsträger*innen und poten­zielle Kritiker*innen. So stellt ihr sich­er, dass keine Per­spek­tive überse­hen wird. Im Kapi­tel “Problem‑, Ziel­grup­pen- und Stake­hold­er­analyse: Der erste Schritt zum Impact-Start­up” find­et ihr dazu eine detail­lierte Beschrei­bung.

3. Visu­al­isiert die Sys­temkom­po­nen­ten 

Stellt das gesamte Sys­tem grafisch dar, in dem euer Start­up operiert. Verbindet dabei die Akteure, Prozesse und Ressourcen, die in eurem Geschäftsmod­ell eine Rolle spie­len. Diese Visu­al­isierung (z. B. in einem Sys­tem­di­a­gramm) hil­ft dabei, Inter­ak­tio­nen, poten­zielle Risiken und unge­wollte Neben­wirkun­gen zu erken­nen.   

4. Analysiert Wech­sel­wirkun­gen 

Unter­sucht, wie eure Lösung mit anderen Sys­temkom­po­nen­ten inter­agiert, und achtet auf Rück­kop­plungss­chleifen. Über­legt, ob eure Aktiv­itäten unbe­ab­sichtigte Kon­se­quen­zen oder langfristige Fol­gen haben kön­nten. Zum Beispiel kön­nte ein pos­i­tiv­er Effekt auf eine Ziel­gruppe in einem anderen Bere­ich unge­wollt neg­a­tive Auswirkun­gen haben. 

5. Berück­sichtigt externe Ein­flüsse 

Iden­ti­fiziert externe Fak­toren, die euer Sys­tem bee­in­flussen kön­nten – z. B. poli­tis­che, wirtschaftliche oder ökol­o­gis­che Rah­menbe­din­gun­gen. Solche Ein­flüsse kön­nen euer Geschäftsmod­ell sowohl stärken als auch schwächen.  

6. Bew­ertet poten­zielle neg­a­tive Auswirkun­gen 

Analysiert, welche Grup­pen oder Sys­teme durch eure Lösung Nachteile erfahren kön­nten. Schätzt die Wahrschein­lichkeit und das Aus­maß möglich­er Risiken ein, um die kri­tis­chsten Punk­te zu pri­or­isieren. Diese Bew­er­tung schafft die Grund­lage für gezielte Gegen­maß­nah­men. 

7. Entwick­elt Gegen­maß­nah­men 

For­muliert Strate­gien, um iden­ti­fizierte Risiken zu min­imieren oder voll­ständig zu ver­mei­den. Das kön­nte z. B. eine Anpas­sung eur­er Lösung, eur­er Ziel­gruppe oder eures Geschäftsmod­ells umfassen. Über­legt, wie ihr eure Prozesse so gestal­ten kön­nt, dass sie sowohl eure pos­i­tiv­en als auch eure neg­a­tiv­en Auswirkun­gen berück­sichti­gen. 

Prax­is­beispiel: TOMS Shoes 

Das Geschäftsmod­ell des Unternehmens TOMS Shoes zeigt, wie gut gemeinte Ansätze unbe­ab­sichtigte Fol­gen haben kön­nen: TOMS Schuh­spenden schwächt­en lokale Märk­te in Län­dern des Glob­alen Südens. Gegen­maß­nah­men wie die Förderung lokaler Pro­duk­tion haben geholfen, solche Effek­te abzu­mildern. 

  • Sys­te­mum­fang: das „One for One“-Geschäftsmodell von TOMS Shoes und dessen Auswirkun­gen auf lokale Schuhin­dus­trien in Län­dern des Glob­alen Südens 
  • Rel­e­vante Akteure: TOMS Shoes, Kund*innen in Indus­trielän­dern, Schuhempfän­gerin­nen in Län­dern des Glob­alen Südens, lokale Schuh­her­steller und ‑händler in Län­dern des Glob­alen Südens, Gemein­den in Län­dern des Glob­alen Südens, Nichtregierung­sor­gan­i­sa­tio­nen (NGOs), Liefer­an­ten und Hersteller*innen von TOMS-Schuhen, Investierende 
  • Sys­temkom­po­nen­ten: TOMS-Pro­duk­tion und Ver­trieb, Schuh­spenden­pro­gramm, lokale Schuh­märk­te in Län­dern des Glob­alen Südens, glob­ale Liefer­kette, Mar­ket­ing und Marken­im­age, finanzielle Ressourcen und Investi­tio­nen 
  • Wech­sel­wirkun­gen: Pos­i­tive Rück­kop­plung: Mehr Verkäufe führen zu mehr Spenden, was das Marken­im­age stärkt und wiederum zu mehr Verkäufen führt. Neg­a­tive Rück­kop­plung: Schuh­spenden kön­nen lokale Märk­te schwächen, was langfristig die Armut ver­stärken und den Bedarf an Spenden erhöhen kön­nte. 
  • Externe Ein­flüsse: glob­ale Wirtschaft­slage, Verän­derun­gen in der Kon­sumentene­in­stel­lung zu nach­halti­gen und ethis­chen Pro­duk­ten, poli­tis­che Sta­bil­ität in Ziel­län­dern für Schuh­spenden, tech­nol­o­gis­che Entwick­lun­gen in der Schuh­pro­duk­tion 
  • Poten­zielle neg­a­tive Auswirkun­gen: Ver­drän­gung lokaler Schuh­her­steller und ‑händler in Län­dern des Glob­alen Südens, Abhängigkeit von Schuh­spenden in Empfängerge­mein­schaften, mögliche Qual­ität­sprob­leme bei gespende­ten Schuhen 
  • Gegen­maß­nah­men: Fokus auf lokale Pro­duk­tion in Ziel­län­dern, um die lokale Wirtschaft zu unter­stützen; Erweiterung des „One for One“-Konzepts auf andere Bere­iche wie Bil­dung und Gesund­heit, Zusam­me­nar­beit mit lokalen NGOs zur Förderung nach­haltiger Entwick­lung, Investi­tion in die Aus­bil­dung lokaler Schuhmacher*innen und Unter­stützung lokaler Unternehmen 

Wichtig: Betra­chtet neg­a­tive Auswirkun­gen nicht nur unter dem Aspekt der finanziellen Rel­e­vanz, son­dern auch dahinge­hend, wie stark euer Start­up Ein­fluss auf die zugrunde liegen­den Missstände nehmen oder diese kon­trol­lieren kann. Beispiel­sweise kön­nen gesellschaftliche Prob­leme oft nur durch verbindliche geset­zliche Regelun­gen gelöst wer­den, da frei­williges Engage­ment son­st zu Wet­tbe­werb­snachteilen gegenüber weniger wirkung­sori­en­tierten Mitbewerber*innen führen kön­nte.  

Außer­dem kön­nen neg­a­tive Effek­te unab­hängig von eur­er Lösung entste­hen – etwa durch schlechte Arbeits­be­din­gun­gen inner­halb eures Star­tups. Um solche inter­nen neg­a­tiv­en Auswirkun­gen aufzudeck­en, kön­nt ihr ein Prozessmap­ping durch­führen, um mit eurem ESG-Man­age­ment zu starten (siehe Kapi­tel Nach­haltig wach­sen für Impact-Star­tups: Team, Struk­tur und Kul­tur). 

ESG-Man­age­ment 

Welche Kri­te­rien ihr für eure Prozesse berück­sichti­gen kön­nt, um auch euer ESG-Man­age­ment pro­fes­sionell aufzustellen, kön­nt ihr hier find­en.

Eben­so kön­nt ihr prüfen, ob ein Social Life Cycle Assess­ment (S‑LCA) für eure Lösung hil­fre­ich ist. Das S‑LCA ist eine Meth­ode zur umfassenden Bew­er­tung der sozialen und sozioökonomis­chen Auswirkun­gen von Pro­duk­ten, Dien­stleis­tun­gen oder Sys­te­men ent­lang ihres gesamten Leben­szyk­lus. S‑LCA dient als Instru­ment für Unternehmen, um ihre sozialen Auswirkun­gen zu ver­ste­hen, zu bew­erten und zu verbessern, was zu ein­er nach­haltigeren und ver­ant­wor­tungsvolleren Pro­duk­tion und Nutzung von Gütern und Dien­stleis­tun­gen beiträgt. Mehr dazu hier.

Näch­ster Schritt: KPIs messen

Ihr habt hier­mit den Grund­stein gelegt, um den Impact eures Geschäftsmod­ells nach­haltig zu sich­ern. Und ihr habt über­prüft, welche neg­a­tiv­en Auswirkun­gen und Risiken eure Arbeit auf unter­schiedlichen Ebe­nen haben kön­nte.  

Bevor ihr zur Mes­sung von KPIs überge­ht und ein Ref­eren­zszenario erstellt, soll­tet ihr auch euer Team, eure Struk­turen und eure Organ­i­sa­tion­skul­tur auf die Growth-Phase vor­bere­it­en (Kapi­tel “Nach­haltig wach­sen für Impact-Star­tups: Team, Prozesse und Kul­tur) und einen Plan für das wirtschaftliche Wach­s­tum (Kapi­tel “Impact-Start­up auf Kurs: Strate­gien für nach­haltiges Wach­s­tum”) eures Star­tups entwick­eln.