Das MVP steht – und jetzt? Es ist Zeit, die Akzeptanz und Wirkung eurer Lösung auf den Prüfstand zu stellen. In dieser Phase sammelt ihr wichtige Daten, die dabei helfen, fundierte Entscheidungen für die Weiterentwicklung zu treffen.
Hier bist du richtig, wenn …
- du ein Impact-Startup gründen möchtest oder mit deinem Team schon mittendrin steckst.
- ihr eure Zielgruppe sowie Problem, Lösung und Impact klar benennen könnt.
- ihr einen validierten Prototyp entwickelt habt.
- ihr für euer Angebot einen ersten Wirkungsbeleg auf Outcome-Ebene erhalten habt.
- ihr für euer Angebot einen Markt identifiziert und ein initiales Geschäftsmodell entwickelt habt.
- ihr ein Minimal Viable Product (MVP) entwickelt habt.
- ihr die Wirkungsmessung eures Angebots auf der Outcome-Ebene gewährleisten könnt.

Ihr seid noch nicht so weit?
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Dieses Kapitel hilft dabei, …
- Feedback direkt aus der Zielgruppe zu eurem MVP zu sammeln.
- Probleme bei der Entwicklung des Angebots zu erkennen.
- Daten zu Output- und Outcome-Indikatoren bei der Wirkungsmessung zu erheben.
- zu überprüfen, wie eure Lösung skalierbar ist.
Hier geht es um die Zielgruppe, die von eurer Lösung profitiert. Das heißt, der Fokus liegt darauf, die Lösung wirkungsvoller und gesellschaftlich relevanter zu machen.
Mit dem geschäftsorientierten und finanziellen Bereich befassen wir uns hier.
Zugänglichkeit und Akzeptanz des MVP testen
Ist euer MVP wirklich zugänglich und überzeugend für eure Zielgruppe? Testet es mit euren Pilotkund*innen und Test-Nutzer*innen, um Schwachstellen zu identifizieren und wertvolle Erkenntnisse für Verbesserungen zu gewinnen. Die folgenden vier Schritte helfen euch dabei.
1. Definiert klare Testziele
Zunächst solltet ihr klare Ziele für eure Tests definieren. Möchtet ihr eine Website, eine App, einen Workshop oder eine Beratung testen? Dabei könnt ihr sowohl qualitative Tests nutzen, um Feedback zur Nutzungserfahrung zu sammeln und Schwachstellen zu identifizieren, als auch quantitative Tests, um messbare Daten wie Verweildauer oder Erfolg bei Aufgaben zu erheben. Diese Daten können auch als Benchmarks für euer Projekt dienen.
2. Rekrutiert Teilnehmer*innen
Anschließend rekrutiert ihr passende Teilnehmende. Idealerweise greift ihr auf erste Anwender*innen (Early Adopters) zurück, die eure Zielgruppe repräsentieren – siehe Kapitel „Vom Prototyp zur Wirkung: Ein nachhaltiges Geschäftsmodell fürs Impact-Startup aufbauen“. Für aussagekräftige Ergebnisse empfiehlt es sich, pro Zielgruppensegment fünf bis zehn Testpersonen auszuwählen.
Zielgruppe vs. Kund*innen
In der Lean Impact Journey differenzieren wir zwischen der Zielgruppe, wenn wir uns mit dem Wirkungsmodell und dem Produkt beschäftigen und Kund*innen, wenn es um das Geschäftsmodell geht.
Wie ihr diese beiden Begriffe für euer Startup nutzt, hängt davon ab, worin eure Lösung besteht. Als Zielgruppe werden in diesem Playbook einerseits Personen bezeichnet, die die Lösung nutzen und andererseits jene, die von der Lösung profitieren.
Abhängig von der Lösung kann die Zielgruppe beides in sich vereinen. Tut sie das bei euch nicht, solltet ihr euren MVP mit Testpersonen aus beiden Gruppen testen.
3. Erstellt ein Testszenario und Aufgaben
Erstellt danach realistische Testszenarien, die zeigen, wie euer MVP genutzt wird, und formuliert dazu passende Aufgaben. Achtet darauf, dass die Szenarien realistisch und relevant sind und formuliert diese klar, präzise und messbar. Überlegt euch außerdem, ob die Tests in einem Labor, remote oder im Alltag der Teilnehmenden stattfinden sollen. Stellt sicher, dass alle notwendigen Tools und Materialien vorbereitet sind.
4. Führt den Test durch
Während der Tests bittet ihr die Teilnehmenden, ihre Gedanken laut auszusprechen, während sie das MVP nutzen. Beobachtet genau, wie sie damit interagieren, und dokumentiert eure Erkenntnisse, um gezielte Verbesserungen vornehmen zu können.
Nutzer*innentests
Nutzer*innentests stammen ursprünglich aus dem Software-Bereich, lassen sich aber sehr gut auf nicht-technologiebasierte Innovationen übertragen. Hier einige Anpassungen und Vorschläge, wie ihr die Methode anwenden könnt:
- Sprecht von Teilnehmenden oder der Zielgruppe statt von Usern.
- Betrachtet Elemente oder Aspekte eurer Lösung statt Funktionen.
- Verwendet physische Prototypen, Rollenspiele oder Simulationen anstelle von digitalen Interfaces.
- Formuliert realistische Szenarien, in denen eure Lösung zum Einsatz kommen kann.
Wie schnell schafft euer MVP einen Mehrwert?
Um die Effizienz eurer Lösung zu überprüfen, könnt ihr die Time To Value (TTV) berechnen. Die TTV zeigt, wie lange es dauert, bis eure Zielgruppe den ersten spürbaren Mehrwert aus eurer Lösung zieht. Sie hilft euch, die Effizienz eures MVP zu messen und Schwachstellen zu erkennen.
1. Definiert den Mehrwert, Startpunkt und Endpunkt
Klärt, was Mehrwert für eure Zielgruppe bedeutet. Das kann zum Beispiel das Erreichen eines Ziels, die Nutzung einer Kernfunktion oder ein Wissensgewinn sein.
Bestimmt, ab wann die Zeitmessung beginnt – etwa bei der Registrierung, Anmeldung, dem Kauf oder der Teilnahme und legt fest, wann der Mehrwert spürbar wird, etwa durch die Lösung eines Problems oder die erfolgreiche Nutzung eures Angebots.
2. Messt die Zeit und berechnet den Durchschnitt
Erfasst die Zeitspanne zwischen Start- und Endpunkt mit Tracking-Tools. Für technische Lösungen eignen sich beispielsweise Google Analytics oder Heatmaps, während bei nicht-technischen Angeboten auch Excel-Sheets oder Teilnehmenden-Tracking hilfreich sind.
Beispiel: Eine Teilnehmende meldet sich um 9 Uhr an und führt um 11 Uhr die erste erfolgreiche Aktion aus.
TTV = 2 Stunden.
Summiert die TTV aller Teilnehmenden und teilt den Wert durch deren Anzahl. Beispiel: A benötigt 2 Stunden, B 4 Stunden und C 3 Stunden.
Durchschnittliche TTV = (2 + 4 + 3) / 3 = 3 Stunden.
3. Segmentiert die Daten
Untersucht Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen oder Szenarien, um Optimierungspotenziale zu identifizieren. Beispiel: Wie unterscheiden sich die TTVs von Neukund*innen und Bestandskund*innen?
Optimieren mit A/B‑Tests
Eine effektive Methode, um euer MVP zu verbessern, ist der Einsatz von A/B‑Tests. Dabei erstellt ihr zwei verschiedene Versionen eurer Lösung und testet, welche besser bei der Zielgruppe ankommt. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, präsentiert ihr beiden Gruppen die jeweiligen Varianten und sammelt gezielt Daten. Dabei könnt ihr beispielsweise die Präferenzen, das Verständnis oder die Erwartungen der Teilnehmenden erfassen. Mit diesen Erkenntnissen könnt ihr Anpassungen an eurem MVP vornehmen.
Hier einige Beispiele für Fragen:
Präferenz | Welche Variante gefällt Ihnen besser und warum? |
Verständnis | Welche Botschaft vermittelt Variante A/B? |
Nutzung | Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie [Aktion] durchführen? |
Emotion | Welche Gefühle löst Variante A/B bei Ihnen aus? |
Verbesserungen | Was würden Sie ändern, um Variante A/B besser zu machen? |
Kontext | In welcher Situation würden Sie Variante A/B bevorzugen? |
Vergleich | Welche Unterschiede fallen Ihnen zwischen den Varianten auf? |
Offene Fragen | Welche Variante entspricht eher Ihren Bedürfnissen und warum? |
Pilotmessungen eurer Wirkung durchführen
Wie zeigt euer MVP echten Impact? Mit Pilotmessungen könnt ihr die Wirkung auf den Stufen 1 bis 6 der Wirkungstreppe überprüfen. Nutzt gezielte Fragen und Tracking-Tools, um Erfolge sichtbar zu machen und das MVP weiterzuentwickeln.
1. Implementiert Tracking-Tools
Wählt geeignete Software oder Methoden zur Datenerfassung (z. B. Umfragen, Datenbanken, Analysetools). Wichtig dabei ist, dass die Datenerfassung in eure Prozesse integriert ist.
Mögliche Erfassungsmethoden sind:
- Quantitative Datenerfassung: z. B. Zählungen von konkreten Leistungen und Produkten, Messungen von Aktivitäten und erreichten Zielgruppen, strukturierte Beobachtungen
- Qualitative Methoden: z. B. teilstandardisierte oder offene Interviews, Beobachtungen, Dokumentenanalyse, Vorher-Nachher-Befragungen
Im Idealfall habt ihr im vorherigen Kapitel „MVP entwickeln: Lösungen für Impact-Startups unter realen Bedingungen testen“ schon einen Datenerhebungsplan aufgestellt. Falls nicht, geht hier noch einmal zurück.
2. Überprüft den MVP auf Basis der Wirkungstreppe
Um zu überprüfen, ob euer MVP auf Stufe 1 bis 6 der Wirkungstreppe Erfolge erzielt, könnt ihr im Test z. B. folgende Fragen stellen:
Stufe 1 – Aktivitäten finden wie geplant statt | Konnten Sie alle geplanten Elemente des MVP nutzen? Gab es technische Probleme oder Hindernisse bei der Nutzung? |
Stufe 2 – Zielgruppen werden erreicht | Wie sind Sie auf unsere Lösung aufmerksam geworden? Fühlen Sie sich als Teil der Zielgruppe angesprochen? |
Stufe 3 – Zielgruppen akzeptieren Angebote | Wie zufrieden sind Sie mit der Lösung insgesamt? Würden Sie die Lösung weiterhin nutzen/wieder nutzen? |
Stufe 4 – Zielgruppen verändern Bewusstsein bzw. Fähigkeiten | Was haben Sie durch die Nutzung unserer Lösung Neues gelernt? Hat sich Ihre Sichtweise auf [relevantes Thema] durch unsere Lösung verändert? Haben Sie nach der Nutzung unserer Lösung vermehrt Gelegenheiten oder Motivation, Gelerntes anzuwenden? |
Stufe 5 – Zielgruppen ändern ihr Handeln | Haben Sie aufgrund unserer Lösung etwas in Ihrem Alltag/Ihrer Arbeit verändert? Welche konkreten Schritte haben Sie unternommen, nachdem Sie unsere Lösung genutzt haben? |
Stufe 6 – Lebenslage der Zielgruppen ändert sich | Wie hat sich Ihre persönliche/berufliche Situation durch die Nutzung unserer Lösung verbessert? Welche konkreten Verbesserungen in Ihrem Leben könnt Sie auf unsere Lösung zurückführen? |
Nächstes Kapitel: Finanzierungsstrategie
Ihr habt euer MVP systematisch getestet, Feedback eingeholt und die Wirkung überprüft, um es zu optimieren. Bevor ihr aus den Ergebnissen lernt und Anpassungen des MVP und der Wirkungslogik beschließt, empfehlen wir, eine Finanzierungsstrategie zu entwickeln.
Das gehen wir im nächsten Kapitel an. Am Ende könnt ihr diese zusammen mit eurem MVP einem Realitätscheck unterziehen.