Ihr kennt das Problem, das ihr mit eurem Impact-Startup lösen möchtet. Im Solution Design geht es nun darum, innovative und wirkungsorientierte Lösungsideen zu entwickeln. Dabei helfen unter anderem Tools wie die Wirkungstreppe und die SWOT-Analyse.
Hier bist du richtig, wenn …
- du ein Impact-Startup gründen möchtest oder mit deinem Team schon mittendrin steckst.
- ihr wisst, welches Problem ihr lösen wollt und seine Ursachen und Auswirkungen kennt.
- ihr über eure Zielgruppe und ihre Bedürfnisse und zusätzliche Stakeholder Bescheid wisst.
- ihr eine Persona oder ein repräsentatives Profil der Zielgruppe erstellt habt.

Ihr seid noch nicht so weit?
Dann wähle hier das passende Kapitel aus
Dieses Kapitel hilft dabei, …
- innovative Lösungsansätze für euer gesellschaftliches Problem zu erarbeiten.
- Hypothesen zum Wirkungspotential eurer Lösungsideen zu entwickeln.
Bereits existierende Lösungen überprüfen und Innovationspotentiale erkennen
Für viele gesellschaftliche Herausforderungen gibt es bereits Lösungen, die von anderen mutigen Menschen erfolgreich umgesetzt wurden. Wenn ihr diese Lösungen kennt, könnt ihr möglicherweise einzelne Aspekte übernehmen und andererseits Lücken schließen.
1. Do your research
Verschafft euch einen Überblick über bestehende Lösungen, Initiativen und Projekte, die sich mit eurem Problemfeld befassen. Sammelt Informationen über staatliche Programme, NGOs, private Initiativen, technologische Lösungen und lokale Maßnahmen.
2. Bewertet bestehende Lösungen mithilfe einer SWOT-Analyse
Indem ihr die Reichweite, Zielgruppen und den Erfolg der bestehenden Lösungen analysiert, erkennt ihr, welche bereits gut aufgestellt sind und wo es noch Lücken gibt. So könnt ihr erkennen, welche Teile des Problems bereits gut abgedeckt sind und wo weiterhin ungelöste Herausforderungen bestehen.
Ein Tool, das bei der Untersuchung bestehender Lösungen helfen kann, ist die SWOT-Analyse. Dabei geht ihr wie folgt vor:
- Stärken identifizieren (Strengths): Notiert, was an der Lösung besonders gut funktioniert. Welche Vorteile bietet sie im Vergleich zu anderen Lösungen? Was macht sie erfolgreich?
- Schwächen identifizieren (Weaknesses): Überlegt, welche Probleme oder Lücken bestehen. Gibt es Aspekte, die verbessert werden könnten? Welche Hindernisse schränken die Effektivität ein?
- Chancen aufzeigen (Opportunities): Analysiert, welche externen Faktoren positive Einflüsse auf die Lösung haben könnten. Gibt es Trends oder neue Technologien, die die Lösung noch besser machen könnten? Welche Möglichkeiten bieten sich zur Erweiterung oder Verbesserung?
- Risiken erkennen (Threats): Erkennt, welche Herausforderungen oder Risiken die Lösung gefährden könnten. Das können Konkurrenzlösungen, fehlende Ressourcen oder negative Trends sein, die die Umsetzung erschweren.

3. Entwickelt mindestens zwei Lösungsideen
Findet Bereiche, in denen neue Lösungen entwickelt werden können, um bestehende Lücken zu schließen. Überlegt, welche Innovationen entweder vorhandene Lösungen ergänzen oder völlig neue Ansätze bieten könnten. Das können neue Technologien, Partnerschaften oder kreative Geschäftsmodelle sein. Vielleicht könnt ihr aber auch eine bestehende Lösung in einer neuen Region umsetzen? Auch das ist eine Überlegung wert.
Entwickelt mindestens zwei Lösungsideen, die sich in einem wichtigen Punkt unterscheiden, damit ihr den Unterschied in den Varianten später mit der Zielgruppe zusammen gut vergleichen könnt. Formuliert für jede Variante eine klare Hypothese, warum sie besser funktionieren könnte. So könnt ihr später überprüfen, welche Version am erfolgreichsten ist.
Erste Überlegungen zu einem potenziellen Geschäftsmodell
An dieser Stelle solltet ihr euch überlegen, wie ihr zwischen den Kund*innen (wer für die Lösung bezahlt) und der Zielgruppe (wer von der Lösung profitiert) unterscheiden könnt. Diese Unterscheidung ist besonders relevant für soziale Unternehmen und Impact-Startups, da diejenigen, die von der Lösung profitieren, nicht unbedingt diejenigen sind, die dafür bezahlen.
Praxisbeispiele:
Kund*innen und Zielgruppe sind dieselben
Eine App zur Unterstützung von Menschen mit Depressionen: Die Nutzer*innen der App bezahlen für den Zugang zu den Funktionen und profitieren gleichzeitig direkt von den angebotenen Therapie-Tools, Mood-Tracking und Unterstützungsnetzwerken. In diesem Fall sind die zahlenden Kund*innen auch diejenigen, die den positiven Impact der Lösung erfahren (Zielgruppe).
Kund*innen und Zielgruppe sind verschieden
Ein Unternehmen, das nachhaltige Wasserfilter für Entwicklungsländer herstellt: Die Kund*innen sind in diesem Fall Hilfsorganisationen oder Regierungen, die die Filter kaufen. Die Zielgruppe sind jedoch die Menschen in den Zielregionen, die durch die Filter Zugang zu sauberem Trinkwasser erhalten. Hier zahlen also nicht die direkten Nutzer*innen für die Lösung. Das übernimmt eine dritte Partei im Interesse der Zielgruppe.
Zielgruppe ist in die Wertschöpfungskette integriert
Ein Kaffeeunternehmen möchte fair produzierten und gehandelten Kaffee in Deutschland verkaufen: Es achtet daher auf ökologisch nachhaltige Anbaumethoden, faire Arbeitsbedingungen (existenzsichernder Lohn, Arbeitsschutz etc.) und nachhaltige und möglichst kurze Transportwege. Die Wirkung entsteht daher entlang der Wertschöpfungskette, der/die Kund*in in Deutschland zahlt für das Angebot.
Wenn keines der Modelle zutrifft
Überlegt euch, wie ihr Impact erzielen könnt. Das kann beispielsweise über eine festgelegte Umsatzspende und Kooperation mit einer oder mehrerer NGOs passieren. Achtet aber darauf, dass euer Produkt oder eure Dienstleistung hohen Nachhaltigkeitsansprüchen standhält.
Das Schaubild zeigt verschiedene Fragen auf, die ihr euch stellen könnt, um erste Ideen für ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Euer Geschäftsmodell kann auch mehrere Strategien vereinen.

Lösung mit den Bedürfnissen der Kund*innen abgleichen
Das Tool Value Proposition Canvas hilft dabei, sicherzustellen, dass eure Lösung gut zu euren Kund*innen passt. Es besteht aus zwei Teilen: der Kund*innenseite und der Angebotsseite. Die Seite der Kund*innen habt ihr bereits bei der Evaluierung eurer Problem‑, Zielgruppen- und Stakeholderanalyse ausgefüllt, wenn ihr den positiven Impact direkt bei euren Kund*innen erzielt.
Solltet ihr in diesem Kapitel erkannt haben, dass eure Kund*innen eine dritte Partei zum Erreichen eures Impacts sind, füllt ihr das Value Proposition Canvas erneut für die Kund*innen aus. Weiterhin entwickelt ihr jetzt die Angebotsseite. Diese beinhaltet:
- Produkte und Dienstleistungen: Schreibt auf, was ihr anbietet. Berücksichtigt dabei alle Elemente, die euer Impact-Startup bereitstellt, einschließlich nicht-materieller Werte wie Support oder Community.
- Problemlöser (Pain Relievers): Zeigt, wie eure Lösung die Probleme der Zielgruppe beseitigen kann. Stellt sicher, dass die Problemlöser genau auf die beschriebenen Probleme (Pains) zugeschnitten sind und fokussiert euch darauf, das größte Problem zu lösen.
- Gewinnbringer (Gain Creators): Beschreibt, wie eure Lösung die Zielgruppe glücklicher macht. Was sind die Vorteile? Achtet darauf, dass die Gewinnbringer nicht nur funktional sind, sondern auch auf emotionaler Ebene ansprechen, um eine stärkere Zielgruppenbindung zu schaffen.
Am Ende vergleicht ihr beide Seiten. Der Value Proposition Canvas ist ein iteratives Werkzeug, das immer wieder überprüft und angepasst werden sollte. So stellt ihr sicher, dass eure Lösungen wirksam sind.

Überprüft das Wirkungspotential eurer Lösungsideen mit Hilfe der Wirkungstreppe
Um wirkungsorientiert arbeiten zu könnt, braucht es eine Wirkungslogik, die den Weg zum angestrebten Impact beschreibt. Die Wirkungstreppe hilft dabei, eure Maßnahmen und Ziele klar zu formulieren. Sie stellt die einzelnen Stufen dar – von den Inputs (Ressourcen), über die Aktivitäten, bis hin zu den Ergebnissen und langfristigen Wirkungen. Versucht, die Wirkungstreppe von oben nach unten zu befüllen.

Modellvielfalt
Es gibt alternative Wirkmodelle wie die IOOI-Logik, Theory of Change, LogFrame und die Wirkungskette. In diesem Playbook arbeiten wir mit der Wirkungstreppe.
1. Füllt die Wirkungstreppe für eure Lösungsideen aus
Nun geht es daran, zu prüfen, ob eure Lösungsideen das von euch identifizierte gesellschaftliche Problem lösen können und den angestrebten Impact erreichen. Dekliniert hierfür die Wirkungstreppe für eure Ideen durch. Los geht’s mit Stufe 1 der Wirkungstreppe:
Stufe 1: Aktivitäten finden wie geplant statt (Output)
Legt fest, welche konkreten Maßnahmen bzw. Aktivitäten für eure Lösungsidee nötig sind. Diese gehören ebenfalls zu den Outputs und sind die Basis, auf der ihr die weiteren Schritte aufbaut. Fragt euch:
Welche spezifischen Aktivitäten müssen wir durchführen?
Stufe 2: Zielgruppe wird erreicht (Output)
Bestimmt, wie viele Personen aus eurer Zielgruppe ihr durch eure Lösung erreichen könnt. Dies gehört ebenfalls zu den Outputs und ist eine wichtige Kennzahl, um den Erfolg eures Projekts zu bewerten. Fragt euch:
Wie viele Personen aus unserer Zielgruppe wollen wir mit unserer Lösung erreichen?
Stufe 3: Zielgruppe akzeptiert Angebote (Output)
Definiert, wie die Zielgruppe eure Lösung annehmen und nutzen soll. Dieser Schritt ist entscheidend, um die Wirkung eurer Lösung zu verstehen. Fragt euch:
Wie soll die Zielgruppe auf unser Angebot reagieren und es in Anspruch nehmen?
Stufe 4: Zielgruppe verändert ihr Bewusstsein bzw. Fähigkeiten (Outcome)
Beschreibt, welches neue Wissen oder welche Fähigkeiten die Zielgruppe erwerben soll. Diese Bewusstseinsänderung oder Kompetenzentwicklung gehört zu den Outcomes, die ihr messen könnt, um den Fortschritt zu verfolgen. Hier beginnt der Impact. Fragt euch:
Welche spezifischen Kenntnisse, Einstellungen oder Kompetenzen soll die Zielgruppe entwickeln?
Stufe 5: Zielgruppe ändert ihr Handeln (Outcome)
Bestimmt, welches neue Verhalten die Zielgruppe zeigen soll. Dieses Verhalten ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu eurem gewünschten Outcome. Fragt euch:
Welche konkreten Handlungen oder Verhaltensweisen sollen sich bei der Zielgruppe ändern?
Stufe 6: Lebenslage der Zielgruppe ändert sich (Outcome)
Beschreibt, wie sich die Lebenslage der Zielgruppe konkret verbessern soll. Stufe 6 der Wirkungstreppe ist der Outcome eurer Arbeit. Um ihn treffend formulieren zu könnt, fragt euch:
Welche spezifische Verbesserung in der Lebenslage der Zielgruppe wollen wir erreichen?
Stufe 7: Gesellschaft verändert sich (Impact)
Definiert eurer langfristigen Ziels bzw. den gewünschten Impact in der Gesellschaft. Hier gehört die positive Veränderung hin, die ihr erreichen möchtet. Benennt diesen Impact klar, indem ihr euch fragt:
Welche langfristige Veränderung in der Gesellschaft streben wir an?
Wenn die Wirkungstreppe steht, könnt ihr überlegen, welche Ressourcen, Mittel und Inputs erforderlich sind, um die geplanten Aktivitäten durchzuführen. Dazu gehören finanzielle Mittel, Personal, Materialien und technologische Ressourcen, aber auch Wissen und Netzwerke.
Eine Wirkungstreppe pro Zielgruppe
Ihr habt festgestellt, dass es für eure Lösung mehrere Zielgruppen gibt? Dann baut am besten für jede Zielgruppe eine eigene Wirkungstreppe und schaut euch genau an, an welchem Punkt die unterschiedlichen Wirkungstreppen ineinandergreifen. Versucht jedoch, euch auf so wenige Zielgruppen wie möglich zu konzentrieren – sonst verliert eure Wirkungslogik an Schärfe.
Nächstes Kapitel: Lösungsideen testen
Ein weiterer wichtiger Schritt ist gemacht: Ihr habt innovative Lösungsansätze für euer Problem entwickelt und eine Wirkungstreppe gebaut.
Um die Lösungsansätze zu überprüfen, empfehlen wir das Testen eurer Ideen mit der Zielgruppe. Das tun wir im nächsten Kapitel.
Tipps von PHINEO-Expert*innen:
Typische Fehler bei der Wirkungstreppe
Die Zielgruppe wird in den Zielen nicht benannt
Es bleibt unklar, für wen eure Lösung eigentlich gedacht ist. Das könnt ihr tun: Bezieht eure Wirkungsziele auf die Zielgruppe. Beispiel: „Kinder aus bildungsfernen Familien, die zwischen sechs und acht Jahre alt sind, könnt besser lesen.”
Die Ziele sind nicht in einem klaren Satz ausformuliert, sondern allenfalls stichpunktartig aufgelistet.
Das könnt ihr tun: Formuliert Ziele so konkret wie möglich. Je exakter ein Wirkungsziel benannt ist, desto eher lassen sich aus diesem Ziel auch Indikatoren ableiten, mit denen ihr die Zielerreichung feststellen und messen könnt.
Die Ziele sind negativ formuliert.
Das könnt ihr tun: Formuliert Ziele so, dass sie positive Assoziationen wecken. Positive Ziele motivieren und setzen Energien frei. Beispiel: „Kinder zwischen sechs und acht Jahren könnt lesen” ist eine bessere Formulierung als „Kinder zwischen sechs und acht Jahren lesen nicht mehr so schlecht”.
Es sind mehrere Ziele mit „und“ verbunden.
Zum Beispiel: „Kinder erlangen mehr Wissen und ein größeres Selbstbewusstsein”. Beide Ziele lassen sich nicht in einem Rutsch überprüfen, weil jedes der beiden Ziele unterschiedliche Indikatoren erfordert, die wiederum unterschiedliche Erhebungsmethoden mit sich bringen. Das könnt ihr tun: Beschreibt beide Ziele in jeweils einem Satz.
Es werden verschiedene Zielgruppen angesprochen.
Das könnt ihr tun: Baut für jede Zielgruppe eine eigene Wirkungstreppe und überlegt, an welcher Stelle sie ineinandergreifen.
Unter „Zielgruppe wird erreicht” werden alle Personen verstanden, die das Angebot nutzen.
Das könnt ihr tun: Macht euch klar, wer genau zu eurer Zielgruppe gehört, wer Sub-Zielgruppe ist und wer keine Zielgruppe darstellt. Relevant für die Zielerreichung ist, dass tatsächlich Personen aus der Zielgruppe (!) die Lösung nutzen.
Ihr verfolgt utopische Ziele.
Dass Personen in prekären Lebenslagen (z. B. Menschen in Obdachlosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit oder mit Suchterkrankung) tatsächlich eure Lösung nutzen, kann bereits auf eine Änderung des Verhaltens hinweisen. Bei solchen Zielgruppen etwa eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt als Erfolgsmaßstab anzusetzen, geht an der Realität vorbei. Das könnt ihr tun: Prüft eure Annahmen realistisch und besprecht sie mit anderen!
Stufe 4 und Stufe 5 werden verwechselt oder durch „und” verbunden.
Das solltet ihr wissen: Stufe 4 ist alles, was im Kopf (neues Wissen, neue Kompetenzen) und emotional (verändertes Bewusstsein, andere Einstellungen) stattfindet. Stufe 5 betrifft ausschließlich das veränderte Handeln.
Der Unterschied zwischen Stufe 6 und Stufe 7 fällt vielen schwer.
Das hilft euch: Eine Faustregel könnte sein: – Bis einschließlich Stufe 6 geht es um Personen, die ihr direkt bzw. indirekt über eine Mittlerzielgruppe wie Eltern, Erzieher*innen oder Lehrkräfte mit eurer Lösung ansprecht. -
Auf Stufe 7 geht es um die Wirkung auf gesellschaftlicher Ebene oder in einem Ökosystem. Das muss nicht die Gesamtbevölkerung Deutschlands sein, sondern kann sich auch auf einen Kiez, einen Stadtteil oder eine bestimmte Region beziehen (je nachdem, welche Reichweite ihr anstrebt).