Bei der Entwicklung eines gut durchdachten Prototyps geht es nicht nur darum, dass dieser technisch funktioniert. Er soll auch wirtschaftlich Sinn ergeben und einen positiven Impact erzielen. In diesem Kapitel kombiniert ihr den wirkungsorientierten Aspekt (Kapitel „Prototyp im Praxistest: Feedback sammeln und Wirkung messen“) mit dem geschäftsorientierten Aspekt (Kapitel „Realitätscheck für Impact-Startups: Marktanalyse auf dem Prüfstand“) eurer Lösung.
Hier bist du richtig, wenn …
- du ein Impact-Startup gründen möchtest oder mit deinem Team schon mittendrin steckst.
- ihr eure Zielgruppe genau kennt.
- ihr Problem, Lösung und Impact klar benennen könnt.
- ihr alle Ressourcen habt, um einen Prototyp zu entwickeln.
- ihr bereits eine Marktanalyse durchgeführt habt.
- ihr eine Schlüsselmetrik (OMTM) für frühe Impact-Messung und Methoden zur Wirkungsmessung festgelegt habt.

Ihr seid noch nicht so weit?
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Dieses Kapitel hilft dabei, …
- euren Prototyp basierend auf Feedback und Markterkenntnissen anzupassen.
- ein tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln.
- eure Wirkungsmetriken weiter zu verfeinern.
Daten aus den Prototypentests auswerten
Die Auswertung der Daten aus euren Prototypentests ist essenziell, um fundierte Entscheidungen für die Weiterentwicklung eurer Lösung zu treffen.
1. Sortiert eure Interview-Daten und bildet Cluster
Sammelt die Daten, indem ihr alle Beobachtungen, Notizen und Aufzeichnungen zusammenfasst. Strukturiert die Daten anschließend nach Testaufgaben oder Bereichen des Prototyps. Identifiziert Muster und Trends, indem ihr nach wiederkehrenden Problemen oder Kommentaren sucht. Achtet dabei auf Bereiche, die besonders positiv oder negativ auffielen.
2. Analysiert eure gesammelten Daten
Priorisiert die Erkenntnisse, indem ihr die Schwere der identifizierten Probleme bewertet. Fokussiert euch auf Probleme, die mehrere Teilnehmende hatten. Quantifiziert die Ergebnisse, indem ihr Erfolgsraten für bestimmte Aufgaben berechnet und Zeitaufwände für verschiedene Interaktionen messt.
Analysiert qualitatives Feedback, indem ihr verbale Kommentare der Teilnehmenden kontextualisiert sowie Schlüsselwörter und ‑themen identifiziert.
3. Visualisiert eure Ergebnisse
Nutzt Diagramme oder Heatmaps, um das Verhalten der Teilnehmenden zu visualisieren. In Nutzerfluss-Diagrammen (User Flow Diagram) könnt ihr die Customer Journey der Teilnehmenden abbilden – angefangen bei Startpunkten über Aktionen, Entscheidungen und Pfade bis hin zu Zielen. Die Journey gibt Aufschluss darüber, an welcher Stelle die Teilnehmenden auf Probleme stießen und wo ihr eure Lösung verbessern könnt.
Was ist eine Customer Journey?
Konzepte wie die Customer Journey stammen ursprünglich aus dem Software-Bereich, können aber durchaus auch für nicht-technologiebasierte Innovationen genutzt werden. Es gibt einige Möglichkeiten, wie ihr die Prinzipien der Customer Journey auf nicht-technische Innovationen übertragen könnt, z. B.:
- Statt von Usern sprecht ihr von Teilnehmer*innen oder der Zielgruppe.
- Anstelle von Klicks oder Conversions betrachtet ihr Interaktionen.
4. Passt eure bisherigen Annahmen an
Möglicherweise habt ihr das zugrundeliegende Problem nicht vollständig oder korrekt erfasst, bei der Umsetzung der Lösungsidee den falschen Fokus gesetzt oder die falsche Zielgruppe für den Test ausgewählt. Scheut euch nicht davor, eure bisherigen Annahmen auf Basis der erhobenen Daten im Prototypentest anzupassen und ein weiteres Testing durchzuführen. Passt gegebenenfalls auch euer Wirkungsmodell und eure Wirkungsmetriken an, solltet ihr hier durch das Testing neue Erkenntnisse gewonnen haben.
Ein Geschäftsmodell entwickeln und es mit dem Wirkungsmodell zusammenführen
Ein solides Geschäftsmodell ist das Fundament eines erfolgreichen Impact-Startups. Für die Entwicklung könnt ihr das Lean Canvas als Tool nutzen.

Hier einige Schritte, die helfen.
Zielgruppe vs. Kund*innen
In der Lean Impact Journey differenzieren wir zwischen der Zielgruppe, wenn wir uns mit dem Wirkungsmodell und dem Produkt beschäftigen und Kund*innen, wenn es um das Geschäftsmodell geht.
Wie ihr diese beiden Begriffe für euer Startup nutzt, hängt davon ab, worin eure Lösung besteht. Als Zielgruppe werden in diesem Playbook einerseits Personen bezeichnet, die die Lösung nutzen und andererseits jene, die von der Lösung profitieren. Abhängig von der Lösung kann die Zielgruppe beides in sich vereinen.
Beachtet, dass eure Kund*innen und eure Zielgruppe die Lösung möglicherweise unterschiedlich nutzen oder unterschiedlich von ihr profitieren. Kund*innen und Zielgruppe könnt parallel im Lean Canvas in zwei Farben eingetragen werden.
1. Benennt klar das Problem
Definiert die ein bis drei wichtigsten Probleme eurer Zielgruppe. Beschreibt bestehende Alternativen, wie diese Probleme derzeit gelöst werden.

Wenn ihr hier nicht weiterkommt, geht zurück zum Kapitel
„Problem‑, Zielgruppen- und Stakeholderanalyse: Der erste Schritt zum Impact-Startup“.
2. Formuliert eure Unique Value Proposition (UVP)
Entwickelt eine klare, überzeugende Kernbotschaft, die erklärt, warum eure Lösung einzigartig und kaufenswert ist – die ist eure Unique Value Proposition (UVP). Die UVP beschreibt, welchen einzigartigen Mehrwert eure Lösung für die Kund*innen schafft. Sie beantwortet die Frage: Warum sollten Kund*innen genau eure Lösung wählen? Fokussiert euch darauf, wie euer Impact-Startup die Bedürfnisse der Kund*innen besser oder anders erfüllt als andere.
3. Legt Kund*innensegmente fest
Bestimmt eure Kund*innen und frühen Anwender*innen (Early Adopters) und charakterisiert diese Gruppen genau.

Wenn ihr hier nicht weiterkommt, geht zurück zum Kapitel
„Problem‑, Zielgruppen- und Stakeholderanalyse: Der erste Schritt zum Impact-Startup“.
4. Definiert passende Kanäle
Hier legt ihr fest, wie ihr eure Kund*innen mit eurer Lösung erreichen werdet. Sind sie eher online oder offline ansprechbar? Sollte der Kontakt direkt oder indirekt stattfinden?
5. Benennt klar die Lösung
Nachdem ihr die Kanäle definiert habt, über dir ihr mit euren potenziellen Kund*innen in Kontakt tretet, beschreibt eure Lösung so kurz und prägnant wie möglich.

Wenn ihr hier nicht weiterkommt, geht zurück zum Kapitel
„Solution Design: Eine Lösung finden, mit der ein Startup Impact schafft“.
6. Identifiziert euren „unfairen Vorteil“
Ein unfairer Vorteil bezieht sich auf Aspekte des Geschäftsmodells, die von Konkurrent*innen nicht leicht kopiert oder übernommen werden können. Er konzentriert sich auf einzigartige Eigenschaften oder Ressourcen des Startups, die schwer zu replizieren sind. Überlegt, was eure Lösung einzigartig und schwer kopierbar macht, z. B. ein Patent.
7. Identifiziert und bewertet potenzielle Einnahmequellen
In diesem Schritt geht es darum, mögliche Einnahmequellen zu definieren. Das können z. B. folgende sein:
- Direkter Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen
- Abonnement-Modelle
- Freemium-Modelle (Grundversion kostenlos, Premium-Features kostenpflichtig)
- Lizenzgebühren
- Beratungsleistungen
- Partnerschaften oder Sponsoring
Bewertet anschließend jede Einnahmequelle nach diesen Kriterien:
- Wie gut passt sie zu euren Impact-Zielen?
- Wie nachhaltig ist sie langfristig?
- Welches Potenzial hat sie für Skalierung?
8. Bedenkt auch innovative Geschäftsmodelle
Nutzt profitable Bereiche, um weniger profitable, aber Impact-starke Bereiche zu finanzieren. Zum Beispiel:
- Hybrides Modell: Kombiniert verschiedene Einnahmequellen, um Risiken zu streuen.
- Impact-orientierte Preisgestaltung: Staffelt Preise nach sozialer/ökologischer Wirkung.
- Cross-Subventionierung: Nutzt profitable Bereiche, um Impact-starke, aber weniger profitable Bereiche zu finanzieren.
9. Analysiert eure Kosten
Listet die wichtigsten Kosten für euer Geschäftsmodell und euer Wirkungsmodell in unterschiedlichen Farben auf (z. B. Entwicklung, Marketing, Personal). Berücksichtigt auch anfallende Kosten für Impact-Messung und ‑Reporting.
10. Legt eure Key Metrics fest
Definiert die wichtigsten (Impact-)Kennzahlen, an denen ihr den Erfolg eures Geschäftsmodells messen werdet. Nutzt das Feedback aus der Praxis, verfeinert euren Ansatz und stellt sicher, dass sowohl eure Lösung, als auch euer Geschäftsmodell auf soliden Grundlagen stehen. Es ist sinnvoll, die Wirkungsmessung basierend auf den Erkenntnissen aus den Prototypentests und der Marktanalyse kontinuierlich anzupassen. So erhöht ihr die Chance, langfristig Impact zu erzielen und erfolgreich zu sein – auch wenn sich euer Geschäftsmodell weiterentwickelt.
Nächstes Kapitel: MVP entwickeln
Ihr seid nun an einem Punkt, an dem ihr idealerweise euren Prototyp, das Impact- und Marktpotential eurer Lösung und euer Geschäftsmodell validiert habt. Das heißt, …
- ihr habt euren Prototyp erfolgreich getestet und positive Rückmeldungen bekommen.
- es gibt für eure Lösung einen ersten Wirkungsbeleg von eurer Zielgruppe auf Outcome-Ebene.
- es gibt klare Anzeichen dafür, dass ein Markt für eure Lösung existiert und sie skalierbar ist.
- ihr habt ein initiales Geschäftsmodell entwickelt, das zeigt, wie ihr euer Impact-Startup nachhaltig aufstellen könnt.
Wenn all das zutrifft, könnt ihr im nächsten Kapitel die erste Grundversion eurer Lösung (MVP) entwickeln.

Falls nicht, kein Problem! Am besten, ihr kehrt noch einmal zum Kapitel „Prototyping für Impact-Startups: Ersten Prototyp entwickeln und Schlüsselmetrik finden“ zurück oder geht zurück zur Übersichtsseite.
Tipps, um euren Prototyp, das Impact- und Marktpotential sowie euer Geschäftsmodell erfolgreich zu validieren
Findet eine gute Balance zwischen Forschung und Testen
Investiert nicht zu viel Zeit in Recherche auf Kosten des tatsächlichen Testens. Nutzt Forschungskenntnisse stattdessen lieber als Grundlage für praktische Tests.
Analysiert das Marktpotenzial gründlich
Untersucht die tatsächliche Nachfrage – ob rein hypothetisch Interesse an eurer Lösung besteht, ist an diesem Punkt nicht aussagekräftig genug. Validiert die Zahlungsbereitschaft potenzieller Kund*innen.
Bleibt offen für Feedback
Bleibt stets flexibel und bereit, eure Lösung und die Wirkungsmetriken basierend auf aktuellem Feedback anzupassen. Betrachtet Kritik als eine wertvolle Lernerfahrung, um den Impact eurer Lösung weiter zu steigern.
Validiert euren Prototyp frühzeitig
Wartet nicht zu lange damit, euren Prototyp zu testen. Er muss noch nicht perfekt sein. Beginnt mit dem Testen, sobald ihr einen grundlegenden Prototyp entwickelt habt.
Nutzt echte Daten
Validiert eure Annahmen und die Wirkungsmetriken mit realen Daten, nicht nur auf Basis von Vermutungen. Führt Interviews und Umfragen mit potenziellen Kund*innen und Tests durch.
Konzentriert euch auf das Kernproblem
Stellt sicher, dass ihr das richtige Problem löst. Verschwendet keine Zeit und Ressourcen auf Nebensächlichkeiten.